25. April 2024

Billigere Medikamente durch Umfüllen rechtens?

Novartis hat die Firma Apozyt angeklagt, da diese Arzneimittel des Pharmakonzerns umfüllt und günstiger weitergibt. Es handelt sich bei dem Streit vor allem um Lucentis, das das Erblinden von Patienten mit Makuladegeneration verhindern kann. Apozyt füllt die Flaschen mit dem Wirkstoff Ranibizumab in zwei Spritzen mit 0,05 Millilitern um ermöglicht so, zwei Patienten für den gleichen Preis mit dem Medikament zu versorgen.

 

Apozyt wurde dafür gegründet, für Ärzte speziell auf ihre Patienten abgestimmte Medizin herzustellen. Normalerweise wird dies von Apotheken übernommen, Apozyt ist einer der ersten größeren Hersteller. Verständlich, dass Novartis dieses Auseinzeln im großen Stil eher ungern sieht. Zwar profitieren sowohl Krankenkassen, Ärzte und Apozyt vom Umfüllen, Novartis verkauft in diesen Fällen jedoch nur noch halb so viele Einheiten Lucentis.

Die Klage war deswegen möglich, weil das europäische Recht eine gesonderte Zulassung verlangt, wenn Fertigarzneimittel in eine andere Anwendungsform überführt werden. Novartis vertreibt deswegen Ampullen, in denen sich fast fünf Mal mehr Wirkstoff als notwendig befindet, um das Aufziehen für den Arzt zu erleichtern und die richtige Anwendung zu gewährleisten. Dass dabei der größte Teil der Arznei im Müll landet, hat Apozyt sich zu nutzen gemacht.

Der Europäische Gerichtshof hatte bereits entschieden, dass Auseinzeln dem Recht entspricht, wenn der behandelnde Arzt dies in Auftrag gegeben hat. Die Entscheidung, die das Hamburger Landgericht nun treffen muss, ist also, ob sich das Arzneimittel durch das Umfüllen verändert.

Auch wenn Novartis ein eigenes finanzielles Interesse nicht abgesprochen werden kann, ist es auch von allgemeinem Interesse, diesen Fall zu überprüfen. Es sind nämlich durchaus Fälle bekannt, bei denen Fertigspritzen zu Komplikationen führten. Inzwischen ist der Preisdruck unter den Firmen, die auseinzeln gestiegen und geht teilweise zulasten der Qualität. Novartis arbeitet ebenfalls daran, Fertigspritzen zu entwickeln, hat diese jedoch noch nicht zur Marktreife bringen können.

Inzwischen sind die Rabatte, die Novartis mit den Krankenkassen für Lucentis ausgehandelt hat, so groß, dass das Medikament auch in der vom Pharmakonzern vertriebenen Version kaum über denen einer Spritze liegt. Novartis scheint hier also weniger am Gewinn als eher daran interessiert zu sein, ein Exempel zu statuieren.