29. März 2024

Gendiagnostik bei erblichen Krankheiten – Fluch oder Segen?

Viele heutige Gentests sind nicht in der Lage, wirklich Auskunft darüber zu erteilen, ob eine Krankheit tatsächlich auftreten wird, sondern können lediglich das Risiko bestimmen. Zwar gibt es davon Ausnahmen (erblich bedingter Parkinson und Morbus Huntington), bei einem Großteil der Krankheiten ist dies jedoch nicht der Fall.

Zwar kann eine Gendiagnose hilfreich sein, um Vorkehrungen zu treffen, allerdings ist das Wissen darum, ein hohes Risiko für eine bestimmte Erkrankung zu besitzen für viele Menschen eine erhebliche psychische Belastung. Zumal im Falle eines positiven Tests weitere Entscheidungen anstehen können. So sorgte zum Beispiel Angelina Jolie für Furore als sie sich nach einem positiven Test auf das „Brustkrebsgen“ BRCA1 die Brüste amputieren ließ. Über Sinn und Unsinn solcher Maßnahmen streiten sich Experten durchaus, zumal rund 10 % aller Patientinnen, die diesen Schritt als Vorsichtsmaßnahme gehen, dennoch im umliegenden Gewebe an Krebs erkranken. Hingegen erkranken 40 % der Genträger niemals an Brustkrebs. Selbst bei einem positiven Gentest kann also nicht sicher gesagt werden, ob die Krankheit eintreten wird oder nicht und eine Brustamputation ist kein vollständiger Schutz. Hinzu kommt, dass die Amputation mit anschließender Rekonstruktion keinesfalls risikoarm ist. Der „Mut“, den viele Zeitschriften Angelina Jolie im Anschluss zuschrieben, wird von anderen eher als Angst vor dem Risiko gesehen – worüber sich Nicht-Betroffene allerdings auch kein Urteil erlauben können.
Das Thema ist also deutlich komplexer, als von manchen Medien suggeriert wurde. Dennoch ist der Wunsch nach etwas mehr Gewissheit durchaus verständlich und es kann durch regelmäßige Kontrollen hilfreich sein, den Tumor schnell zu entdecken. Viele Krankenkassen zahlen deswegen Gentests, solange das Risiko aufgrund der familiären Vorgeschichte groß zu sein scheint, beispielsweise weil enge weibliche Verwandte erkrankt sind. Eine zuverlässige Prognose können Tests übrigens nur dann geben, wenn auch eine bereits erkrankte Verwandte ihr Genmaterial untersuchen lässt. Sonst kann lediglich festgestellt werden, dass Mutationen vorliegen, die auch völlig harmlos sein können.